Robert Kuczera – Interview 2014
IMAGINE-3D: Characterdesigner Robert Kuczera gibt Rekruting-Tipps und Praxiserfahrung weiter
Robert Kuczera ist vielleicht einer der schnellsten Character-Animatoren die es gibt. Er macht hochwertige 3D-Animationen und VFX für Filme, TV und Spiele. Neben diesem Arbeitsfeld bietet er aber auch den kompletten 3D-Prozess vom Modelling, Texturieren, Animation, Lighting und Rendering aus einer Hand oder im Team an. Mit über 19 Jahren Erfahrung als Regisseur, Supervisor und Animator. liest sich seine Filmografie nicht ohne Staunen. Darin stehen Filme wie aktuell ‚The Return of the First Avenger‘, ‚Captain America‘, ‚Iron Man 2′, ‚District 9′, ‚Harry Potter und der Gefangene von Askaban‘ uvm. (hier geht es zu seinem IMDb-Profil) Kurz gesagt, Robert weiß was er tut und bei unserem Treffen in München hat er mir/uns einige Einblicke in diese Karriere, die Arbeit mit Hollywood und die Mechanismen beim Rekruiting gegeben.
Witzigerweise haben wir mitten beim Interview CGI Johnny getroffen, der den 3D-Bulli gesehen hat und als CINEMA 4D Anwender aufmerksam geworden ist. Wir haben uns sofort gut verstanden, da er Auszubildender (Mediengestaltung) im 3ten Lehrjahr ist und er quasi vor seinen nächsten Schritten steht. Mit der Erfahrung von Robert wurde das ein richtig tolles Gespräch.
Johnny ist eigentlich John Philipp Pöhlmann und hat selbst mit CINEMA 4D schon einige coole Sachen gemacht.
VIDEOS VON DEM BESUCH BEI ROBERT KUCZERA
Bei dem Interview gibt es 2 Dinge zu beachten:
- Sorry für den Sound, die Fahrzeuge im Hintergrund hatte ich nicht so schlimm wahrgenommen, aber es geht ja um den Inhalt
- Bei unserem Gespräch treffen wir zufällig auf den ‚verirrten‘ 3D-Auszubildenden – CGI Johnny – und da wir gut ins Gespräch kamen, habe ich ihn spontan mit in den VW-Bulli gesetzt – Also bitte nicht wundern
Wie startet man in die 3D Welt?
Um diese Frage zu beantworten ist muss man erstmal mit einer Gegenfrage beginnen. Der entscheidende Punkt ist, „Was willst du später machen, was interessiert dich?“ Da sind so viele verschiedene Bereiche. Will man nur Oberflächen machen, Modelling, Animation oder will man in den Filmbereich, Spiele, Werbung, Automotive etc. Bei Robert war sofort klar, dass er Figuren bauen und animieren möchte. Damit ist der Weg schon etwas vorgezeichnet, weil man sich daran natürlich die Firmen aussucht, bei denen man arbeiten möchte.
Wenn das geklärt ist, ist es das einfachste eine Webseite mit Demo-Reel und aktuellen Projekten zu erstellen und diese dann an Leute senden und weiter geben.
Der Kreislauf ist halt relativ simpel. Je mehr Firmen man besucht, desto mehr Artists lernt man kennen. Gerade in der 3D-Filmbranche sind es immer sehr Projektbasierte Teams. Man lernt viele Leute kennen, trennt sich wieder und zieht weiter. Das entscheidende ist es kontaktfreudig und gesellig zu sein. Denn jeder Artist wandert weiter in neue Jobs, und empfiehlt dort natürlich auch weiter. Und keiner wird natürlich eine unsympathische Person weiter empfehlen.
Der Trick: „Man muss nett sein!“
Rekruiting-Tipps
Robert ist in der ganzen Welt schon unterwegs gewesen. Gerade für Feature-Filme muss man in der Lage sein für längere Zeit an einen anderen Ort zu gehen. Dabei ist aber der Unterschied, dass es irgendwie ein Wanderzirkus ist und man unterscheiden muss, ob man an den Orten leben will und was Lebensqualität ausmacht. Man muss auch hier zuerst schauen, was man machen will: Filme, Games, Werbung, Visualisierung etc. In Deutschland ist nach Roberts Einschätzung die angesagteste Stadt für junge Kreative ganz klar Berlin. Nach Berlin ist Hamburg nicht nur eine sehr schöne Stadt, sondern bietet auch sehr viel Werbearbeit. Beim Filmbereich ist München ganz klar ‚the place to be‘.
Wenn man dann voll motiviert in die Bewerbung bei Studios geht, darf man sich nicht unterkriegen lassen, denn oft ist es einfach nur eine Timing-Sache. Man kann der Beste Artist sein, aber wenn der Bedarf nicht da ist, kommt halt eine Absage. Das große Problem in Deutschland ist dass es viele Entscheider gibt, die einfach keine Ahnung von 3D haben und entsprechend nicht beurteilen können. Die einzige Möglichkeit, wie beurteilt wird sind Referenzen. Auch im Ausland wird auf Referenzen geschaut, aber es werden auch viel besser einzelne Beispiele nach der Qualität des Handwerks beurteilt. In Deutschland zählen die großen Namen als Vorauswahl. Erst später stellt sich dann heraus, ob es auch handwerklich passt.
Der Trick: „Die Artists, die am Besten verdienen sind die, die nicht nur gute Arbeit machen, sondern auch gut reden können!“
Nützliche Tipps aus der Praxis
Bedeutung von Zeit und Überstunden
Während der Arbeit an Projekten ist ein wichtiger Erfahrungswert, einschätzen zu können wie aufwändig eine Tätigkeit ist bzw. wie viel Zeit man benötigt. Das geht nur durch gewisse Routinen.
Sehr beeindruckt hat mich die Einstellung von Robert Kuczera für seine strikte Einstellung zum Thema Überstunden.
Die Rechnung ist eigentlich sehr einfach. Wenn man als Freiberufler unterwegs ist, wird der Tagessatz auf 8 Stunden kalkuliert. Wenn man dann aber 10-11-12 Stunden arbeitet, dann reduziert sich entsprechend der Stundenlohn. Das macht keinen Sinn und das muss man den Arbeitgebern klar machen.
Kommt es zu Engpässen muss man als erfahrender 3D-Artist auf das Zeitkontingent hinweisen, um entweder die Überstunden bezahlt zu bekommen, oder dass der Arbeitgeber zusätzliche Ressourcen einstellt.
Wenn der Arbeitgeber diese Hinweise ignoriert, dann ist es am Ende nicht mehr ‚Dein‘ Problem. Wenn ein Projekt falsch kalkuliert wird, oder Änderungen kommen, die nicht geplant sind, dann kann das nicht auf dem Rücken der Artist ausgetragen werden, um mehr Profit zu machen.
Arbeit im Ausland und Daheim
Der Große Unterschied zwischen Deutschland und einigen 3D-Hotspots wie Canada oder England ist, dass es im Ausland Steuervergünstigungen gibt. Die Folge ist, dass große Studios einfach umziehen, wo es günstig ist. Am Ende zahlt das der Steuerzahler. In Deutschland gibt es das nicht in der Form, wobei es natürlich auch hier über die Filmförderung einige Regionen besser trifft.
Im Bezug auf den Projektablauf ist es bei Firmen die aus den USA kommen scheinbar professioneller. Da sind viel mehr Leute auf sehr hohem Niveau, weil es halt permanent Arbeit gibt und damit sehr, sehr viel Erfahrung da ist.
Auch ist es irgendwie so, dass je mehr Geld da ist, desto mehr darf man etwas wiederholen. Im Gegensatz zu durchstrukturierten (Deutschen) Filmen, ist man bei Hochbudget-Filmprojekten viel öfter in der Lage eine Korrektur zu machen, weil Geld ja vorhanden ist. Deutsche Produktionen sind viel gewissenhafter und geplanter, um nicht so viel Geld zu verschwenden.
Qualitativ ist das am Ende (Robert spricht natürlich nur aus seinem Bereich) nicht viel besser, es gibt nur viel mehr Erfahrung. Aber es sind auch sehr unterschiedliche Arbeitsansätze zu den Deutschen. Während der Deutsche sehr genau plant und strukturiert und selbstständig ist, hat der ‚Amerikaner‘ eher Probleme mit der eigenen Umsetzung und eigene Ideen zu entwickeln. Hier muss vom Animation-Director sehr viel koordiniert werden.
Der Punkt ist, Qualität lebt schon von der Wiederholung. Es ist nur die Frage wie oft man etwas macht und warum man etwas tun muss. Wenn man Dinge immer wieder korrigieren muss, weil der Supervisor keine eigene Idee hat oder einbringt ist das wie am Fließband und sehr unbefriedigend. Wenn der Supervisor eine klare Vision hat und es klappt nicht, dann ist ein ganz andere Motivation.
Software-Pipeline
Autodesk Maya
Der Grund für Maya ist relativ einfach. Er hat damit angefangen zu arbeiten. Heutzutage ist halt klar, dass er einfach perfekt mit Maya umgehen kann und damit schneller und effektiver ist. Außerdem gibt es viele Firmen, die Maya in der Pipeline voraussetzen.
Andere Produkte wie beispielsweise Modo, CINEMA 4D, XSI, Houdini etc. haben ebenso ihre Stärken, aber man sollte halt die Software weiter nutzen, auf der man am Besten und schnellsten arbeiten kann, nur so macht es Sinn. Je nach Arbeitsfokus gibt es da natürlich Unterschiede. Beispielsweise hat CINEMA 4D eben Stärken bei Motion Graphics, währen Maya halt sehr stark bei Animationen ist. Die Pipeline von Maya ist auch sehr offen, um in großen Produktionen zu arbeiten. Die Einbindung von Modelling oder Render-Pipeline klappt hier sehr gut.
Als Artist ist es allerdings auch wichtig flexibel zu sein und mehrere Programme zu kennen, da viele Firmen spezielle Software-Anforderungen haben.
Sculpting mit zBrush
Am Anfang ist der Umstieg von der normalen 3D Software auf zBrush erstmal recht kompliziert, weil die Usability ganz anders ist. Wenn man sich da erstmal eingearbeitet hat, ist es einfach genial was man da machen kann. Gerade bei der Arbeit an Charakteren hat man die perfekte Linienführung. In Kombination mit einem Wacom Grafiktablett kann man das Fingerspitzengefühl direkt auf das Modell übertragen.
Charaktere zum Leben erwecken
Characterdesign beginnt erst einmal mit einer Skizze. Das Problem an dem ersten Entwicklungsschritt ist vor allem, wie man es kalkuliert. Weil man vorher kaum weiß, was der Kunde will, wie viele Änderungen kommen, wie viel Zeit man am Ende wirklich benötigt.
In großen Produktionen kommen die Vorgaben meist aus einer anderen Abteilung. Das zu trennen hat sich am effektivsten herausgestellt, denn dann ist man reiner Dienstleister, der aus den 2D-Skizzen seine Arbeit perfekt umsetzen kann. Wenn man als Charakterdesigner dabei viel Freiheit hat, kann man (der Profi) oft schon erkennen wer den Charakter entwickelt hat. Oft steckt da viel eigene Persönlichkeit mit drin, weil ein Charakterdesigner sich natürlich viel auch selbst reflektiert und Bewegungen, Emotionen oder ähnliches viel von seinem eigenen Verhalten auf den Charakter projiziert.
Nachdem der Character von 2D in 3D umgebaut wurde, geht die Animation los. Eine Figur lebt erst dann, wenn sie wirklich überzeugend ist und mitreißen kann. Das kann man nur schwer erklären, da hier Erfahrung und Leidenschaft einen großen Einfluss haben. Erst mit viel Erfahrung entwickelt man ein Auge dafür, was gut oder schlecht ist. Als normaler Betrachter kann man das oft nicht gut konkretisieren. Man merkt da nur, dass irgendwas nicht Stimmt. Erst durch viel Erfahrung erkennt ein Charakterdesigner die notwendigen Stellschrauben, an denen man arbeiten muss. (bspw. wenn die Bewegung zu schnell oder zu langsam ist, das Timing nicht passt oder das Acting uninteressant ist)